Nach 15 Jahren weitgehender Stagnation steigt zum ersten Mal der Frauenanteil im Deutschen Bundestag auf 36,9% an. Das ist ein Anstieg um satte 5 Prozentpunkte. CDU und CSU entsenden anteilsmäßig so viele Frauen in ihre Fraktionen wie nie zuvor und Linke und Grüne überrepräsentieren Frauen deutlich. Dabei sah es ursprünglich gar nicht danach aus. Denn wie wir in einem früheren Beitrag gezeigt haben, sind die Parteien bei der Nominierung von Kandidatinnen und Kandidaten zur letzten Bundestagswahl keine neuen Wege gegangen.
Zentraler Bestimmungsfaktor für Repräsentation von Frauen sind neben der generellen Tatsache, dass einige Parteien für Frauen schon bezüglich der bloßen Mitgliedschaft nicht sonderlich attraktiv zu sein scheinen vor allem die innerparteilichen Gleichstellungsregeln. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung des Frauenanteils im Bundestag über Zeit. ((Zahlen basieren auf: Davidson-Schmich, Louise K. und Isabelle Kürschner (2011): „Stößt die Frauenquote an ihre Grenzen? Eine Untersuchung der Bundestagswahl 2009“, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 42.1, S.25-34, S. 26.))
Abbildung 1: Frauenanteil im Bundestag
Der Anteil stieg mit dem Einzug der Grünen (1983), mit der Einführung der Frauenquote bei der SPD (1988) und dem Quorum bei der CDU (1996). Bei 30% stagnierte der Frauenanteil dann allerdings. Erst das Ausscheiden der FDP, der einzigen liberalen Partei in Deutschland, wenn man einigen Aussagen in den letzten Tagen Glauben schenkt, aus dem Bundestag hat den Weg frei gemacht für eine größere deskriptive Repräsentation von Frauen.
Wie hoch sind die Frauenquoten der einzelnen Parteien im Bundestag? Deutlich sind zwei Gruppen zu erkennen (Abbildung 2). Das bürgerliche Lager (CDU, CSU) hatte anteilsmäßige bereits weniger Frauen nominiert als die Parteien links der Mitte. Zusätzlich gelingt es der CDU nicht, das Niveau von 32,3% nominierten Kandidatinnen identisch im Parlament abzubilden. Die Quote sinkt auf das Niveau der CSU (24,7%). Die CDU hat zwar ihr eigenes Kandidatinnenquorum erfüllt, die Frauen jedoch so auf hohe Listenplätze und in aussichtslosen Wahlkreisen platziert, dass ihnen ein Einzug ins Parlament, selbst bei einem so positiven Wahlergebnis, nicht möglich war. Die CSU kann ihr Niveau halten und füllt ein Viertel ihrer Mandate mit Frauen, die Schönfärberei bei den Listennominierungen bleibt jedoch wie erwartet Makulatur.
Abbbildung 2: Frauenquoten der im Bundestag vertretenen Parteien
Dem linken Lager gelingt es dagegen, ihren ursprünglich anvisierten Frauenanteil sogar noch zu steigern – und zwar sowohl bei den Gesamtkandidaturen als auch bei den Listenplätzen. Bei Grünen und Linken, die zusammen nur 5 Direktmandate gewinnen konnten, ist dies auf eine konsequent paritätische Besetzung der Listenplätze zurückzuführen. Tatsächlich schießen sie dabei jedoch übers Ziel hinaus und übertreffen den tatsächlichen Frauenanteil in der Bevölkerung deutlich (Grüne 55,6%; Linke 56,2%).
Das Ergebnis der SPD zeigt, dass die Frauenquoten bei den Listenplätzen auch auf die Nominierung der Wahlkreiskandidaturen ausstrahlen. SPD-Frauen kandidieren eben nicht nur in aussichtslosen Wahlkreisen. Ganz ist der Weg jedoch noch nicht gegangen, wie Abbildung 3 zeigt. Während die SPD-Frauen ein Drittel der Wahlkreise besetzen, konnten sie nur in einem Viertel gewinnen. Ein ähnliches Absinken kann man auch bei der CDU beobachten, obwohl sie gegenüber 2009 sogar noch mal an Wahlkreismandaten zulegen konnte.
Abbildung 3: Frauenanteil unter DirektkandidatInnen
Es zeigt sich also, dass eine noch stärkere Vertretung von Frauen im Bundestag am bürgerlichen Lager scheitert. Während Grüne und Linke das Soll sogar übererfüllen, sind es CDU und vor allem CSU, die sich mehr um Frauen bemühen müssen, wenn sie ihr eigenes satzungsgemäßes Ziel der Gleichstellung von Mann und Frau in die Tat umsetzen wollen.
Pingback: Review of the Bundestag Election 2013: FDP Out – Women In? |
Pingback: Review of the Bundestag Election 2013: FDP Out – Women In? | WZB Democracy Blog