(see German version below)
After the Brexit vote in July 2016 there is a clear answer for the supporters of a pure majority rule, certainly not for someone who regards democracy as the rule of as many as possible. Only 37.4 percent of the registered electorate and only 34.3 percent of the voting-age population voted for “leave” (see blog post “Brexit: Risk and fun of majority rule and direct democracy” (29.06.2016)). In Germany, the people would not even get a chance to vote. However, such a decision would have to pass first and second chamber, i.e. the Bundesrat and the Bundestag with two-thirds majority. Applied to the population a similar quorum would be appropriate.
Not the same in Great Britain! One may stick to a pure majority rule but the withdrawal of a decision should be based on a majority at least as large as that for the decision.
Now, there was a vote on membership in the EU in Britain in June 1975, about 44 years ago. What was the outcome? 67.03 percent, thus a two-third majority of votes voted for remain in the European Community. However, how does this relate to the number of registered voters and to the voting-age population? Would this still be a stronger majority for membership than the vote to end it? Yes, very clearly.
The registration rate was much higher in the membership referendum (99.5 percent) than in the Brexit referendum (91.6 percent). Thus, the proportion of “yes” for membership was 42.9 percent of registered and 39.3 percent of voting-age population. Would it not have been fair to demand that a Brexit vote must exceed the proportion of the former “yes” for keeping the membership?
Even not introducing regarding voting-age population or registered voters, but on the basis of the previous decision, this would have led to a failure of the “Brexiteers” by five percentage points or about 2 million votes.
The Economist’s news department calculated the probability of a second referendum at around 30 percent before the vote in parliament. After May’s defeat and her success in the vote of confidence, the chances may rise. If there would be a referendum it would be good to be clear about the criteria under which the parliament follows the vote of the people.
One consideration could be to claim that the exit- vote share must exceed the membership-“yes”- vote share.
Brexit – kein Ende der Geschichte oder ein Vorschlag für Theresa Mays Plan B – Eine Polemik
von Bernhard Wessels
Nach der Brexit- Abstimmung im Juli 2016 gab es für den Befürworter der reinen Mehrheitsregel eine klare Antwort, für jemanden, der Demokratie als die Regel von so vielen wie möglich betrachtet, sicherlich nicht. Nur 37,4 Prozent der registrierten Wähler stimmten für “Urlaub” und nur 34,3 Prozent der Bevölkerung im Wahlalter (siehe Blogbeitrag “Brexit: Risk and fun of majority rule and direct democracy” (29.06.2016)).
In Deutschland hätten die Menschen nicht einmal die Möglichkeit, abzustimmen. Eine solche Entscheidung müsste jedoch die erste und zweite Kammer, d.h. Bundesrat und Bundestag, mit Zwei-Drittel-Mehrheit passieren. Auf die Bevölkerung angewendet, wäre ein ähnliches Quorum angemessen.
Nicht so in Großbritannien. Man kann an einer reinen Mehrheitsregel festhalten, aber die Rücknahme einer Entscheidung sollte auf einer mindestens so großen Mehrheit beruhen wie die Entscheidung.
Nun gab es in Großbritannien im Juni 1975, also vor etwa 44 Jahren, eine Abstimmung über den Verbleib in der damaligen Europäischen Gemeinschaft. Was war das Ergebnis? 67,03 Prozent, also eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen stimmte für die Beibehaltung der Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft. Wie war das Ergebnis bezogen auf registrierte Wählerschaft und Bevölkerung im Wahlalter? War das 1975 noch eine größere Mehrheit für die Mitgliedschaft als die Abstimmung über deren Beendigung 2016? Ja, sehr deutlich!
Die Registrierungsrate war im Mitgliedsreferendum (99,5 Prozent) deutlich höher als im Brexit- Referendum (91,6 Prozent). So betrug der Anteil des „Ja“ zur Mitgliedschaft 42,9 Prozent der registrierten und 39,3 Prozent der stimmberechtigten Bevölkerung.
Wäre es also nicht fair gewesen, zu fordern, dass eine Brexit- Abstimmung den Anteil des früheren “Ja” für die Mitgliedschaft überschreiten muss?
Ein Quorum auf der Basis der Wahlbevölkerung oder registrierten Wähler wäre nicht nötig, wenn eines auf der Grundlage der vorherigen Entscheidung formuliert worden wäre.
Wäre das geschehen, hätte dies zu einem Scheitern der “Brexiteers” um fünf Prozentpunkte oder rund 2 Millionen Stimmen geführt.
Die Nachrichtenabteilung des Economist berechnete die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Referendums mit etwa 30 Prozent vor der Abstimmung im Parlament. Nach der Niederlage von Theresa May und ihrem Erfolg bei der Vertrauensfrage können die Chancen für ein zweites Referendum steigen. Wenn es ein Referendum gäbe, wäre es gut, sich über die Kriterien im Klaren zu sein, nach denen das Parlament der Abstimmung des Volkes folgt.
Eine Überlegung könnte darin bestehen, zu verlangen, dass der Austrittsstimmanteil den Mitglieds-“Ja”-Stimmanteil überschreiten muss.
Prof. Dr. Bernhard Weßels is Deputy Director of the Department of Democracy and Democratization and Professor at the Institute for Social Sciences at Humboldt-Universität zu Berlin. His research interests include elections and political attitudes.