Wer ist der SouverÀn?

von Wolfgang Merkel

Niemand hat die Frage „Wer ist der SouverĂ€n?“ bĂŒndiger beantwortet als der ebenso brillante wie umstrittene Staatsrechtslehrer Carl Schmitt: „SouverĂ€n ist, wer ĂŒber den Ausnahmezustand verfĂŒgt“, schrieb er 1922 in seinem Werk „Politische Theologie“. Schmitt nimmt unverkennbar Anleihen bei seinem großen Lehrmeister Thomas Hobbes. In Hobbes’ „Leviathan“ (1651) gilt der ĂŒberragende Imperativ, BĂŒrgerkrieg, den Kampf aller gegen alle, zu verhindern. Machterhaltung, innerer Frieden und Legitimation fließen hier zusammen. Nun droht in Europa und der demokratischen Welt kein BĂŒrgerkrieg, auch wenn der französische StaatsprĂ€sident sich einer martialischen Metaphorik bediente: „Nous sommes en guerre!“ Krieg hat schon immer die staatliche Exekutive gestĂ€rkt und insbesondere ihre PrĂ€sidenten mit besonderen Vollmachten gegenĂŒber den Regierten ausgestattet.

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Schließen Freiheit und Gleichheit einander aus? – Empirische Antwort auf eine Grundfrage der Demokratie*

von Heiko Giebler und Wolfgang Merkel

Die Demokratietheorie ist sich einig, dass Freiheit und Gleichheit zentral fĂŒr demokratische Ordnungen sind, schwankt aber in der EinschĂ€tzung des VerhĂ€ltnisses dieser beiden Prinzipien. Gerade in der liberalen Theorie wird zu viel Gleichheit als schĂ€dlich fĂŒr die Freiheit gedeutet. Die WZB Forscher Dr. Heiko Giebler und Prof. Dr. Wolfgang Merkel untersuchen, ob ein Zielkonflikt zwischen Freiheit und Gleichheit existiert. Mit Blick auf die Situation in mehr als 50 Demokratien kann empirisch gezeigt werden, dass in demokratischen Gesellschaften Freiheit und Gleichheit kaum miteinander in Konflikt geraten, sondern sich meist wechselseitig verstĂ€rken.

Scales of Justice background – legal law concepts

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Das Recht auf Staatlichkeit nach dem Krieg

Dies ist die ungekĂŒrzte Version eines Beitrags, der unter dem Titel „Nach dem Krieg kommt die Moral“ in der Frankfurter Rundschau am 20./21.9.2014 erschienen ist.

Hoffnungen stiegen hoch nach dem Ende des Kalten Krieges. Mit dem Kollaps der Sowjetunion und der Demokratisierung der Staaten des Warschauer Pakts schien die Bipolarisierung der Welt der Vergangenheit anzugehören. Von einer friedlichen multipolaren Weltordnung war die Rede. Idealisten, Neokantianer und Konstruktivisten trĂ€umten von der Verrechtlichung der internationalen Beziehungen. Sie vertrauten auf die Kraft des vernĂŒnftigen Arguments und hofften auf eine ökonomische Friedensdividende. Weiterlesen

Supersupergrundrecht

Schon fĂŒr den gemeinen Fußballfan ist es mitunter nur schwer ertrĂ€glich, mit welcher Einfallslosigkeit die Fans eines großen Clubs aus dem SĂŒden der Republik ihre Mannschaft anzufeuern pflegen („Superbayern, Superbayern, hey, hey“ ((Hartgesottene klicken auf diesen youtube-link))). Noch unertrĂ€glicher – verfassungspolitisch aber zweifellos relevanter – ist es, wenn der derzeit amtierende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich sich bemĂŒĂŸigt sieht, angesichts der Debatte ĂŒber die Praktiken in- und auslĂ€ndischer Geheimdienste und der Diskussion ĂŒber das VerhĂ€ltnis von Sicherheit und Freiheit in demokratischen Gemeinwesen ein „Supergrundrecht auf Sicherheit“ zu propagieren („Supergrundrecht, Supergrundrecht, hey, hey“). Dabei ist es in diesem Fall weniger die Einfallslosigkeit des Verfassungsministers Friedrich, die fassungslos macht, als vielmehr die Chuzpe, mit der er eine durchaus ernstzunehmende Debatte kurzzuschließen versucht. Weiterlesen